„Und hier ist wieder Kermit, der Frosch, von den Sesamstraßennachrichten. Ich melde mich live von der Ziellinie des Magisterarbeitsmarathons. Ich stehe hier direkt vor dem Hauptgebäude der Humboldt Universität zu Berlin. Wie Sie alle wissen, ist heute der Abgabetag. Die Zuschauer warten mit Spannung auf die Kandidatin S. Die Buchhändler decken vorsorglich ihre Ware zu, der Portier raucht vor Nervosität schon die dritte Zigarette. Es war ein nervenaufreibender Lauf, meine Damen und Herren. Erinnern Sie sich an geschlossene Archive, verschollene Bücher und falsche Quellenangaben. Dann die Dopingvorwürfe wegen übermäßigen Kaffee-, Schokoladen- und Tabakkonsums. Erinnern Sie sich an all die hysterischen Anfälle, an die vielen Momente, wo wir dachten: Das schafft sie doch nicht! Aber sie hat es geschafft, meine Damen und Herren! Sie hat es durchgezogen. Und hier kommt sie, meine Damen und Herren, auf dem Fahrrad kommt sie auf das Gelände gefahren. Jetzt steigt sie ab mit letzter Kraft, die letzten sechs Monate sind nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Jetzt greift sie ihre Tasche, schließt das Rad an, jetzt geht sie in das Gebäude hinein. Wir folgen ihr mit der Kamera. Und JETZT, meine Damen und Herren, JETZT SCHMEISST SIE DIE MAGISTERARBEIT IN DEN HAUSBRIEFKASTEN!!! Ist denn das die Möglichkeit!!! Ich bin völlig von den Socken, verehrte Zuschauer. Und jetzt kommt sie wieder heraus. Die Buchhändler werfen mit Büchern, der Portier mit Zigaretten. Wahnsinn, meine Damen und Herren, es ist einfach Wahnsinn!
Frau S., Frau S.! Ein kurzes Interview für die Sesamstraßennachrichten. Wie fühlen Sie sich jetzt?
– Ähm, äh, ich äh…
– Ich danke Ihnen, Frau S. Sie sehen, meine Damen und Herren, was eine Magisterarbeit aus einem Menschen machen kann. Und damit gebe ich zurück ins Studio.“